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Christoph Rütimann: In den Tönen

9. Dezember 2007 – 12. Mai 2008

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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf die Grosse Zeichnung, 1991 Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf die Sirenenscheibe aus dem Konzert "In den Tönen" Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf die Grosse Zeichnung, 1991 Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf die Sirenenscheibe aus dem Konzert "In den Tönen" Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf die Sirenenscheibe aus dem Konzert "In den Tönen" Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf die Grosse Zeichnung, 1991 Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf den Zeichnungsblock A und B Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf die Worttapete "mono ton wort los" Fotografie: Stefan Rohner
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Ausstellung Christoph Rütimann. In den Tönen Blick auf Instrumentenrelikte aus dem Konzert "In den Tönen" Fotografie: Stefan Rohner

Installation und Zeichnungen zu Klang und Raum

Christoph Rütimann betreibt in seinem Schaffen eine intensive Befragung der künstlerischen Ausdrucksmittel. Sein Agieren kennt dabei kaum Grenzen. Es umfasst neben traditionellen Medien wie die Zeichnung und die Malerei auch Text- und Fotoarbeiten, Installationen, raumgreifende Klangskulpturen oder Performances.

Ab dem 9. Dezember 2007 wird in zwei Ausstellungen im Kunstmuseum Thurgau und im Kunstmuseum St.Gallen zum ersten Mal überhaupt ein umfassender Einblick in das reiche Werk von Christoph Rütimann gegeben. Während die Ausstellung in St.Gallen sein künstlerisches Universum ausgehend von der Linie untersucht, steht im Thurgau Ton und Klang im Zentrum der Auseinandersetzung.

Bei Christoph Rütimann gehören Ton und Klang seit dem Beginn seiner künstlerischen Tätigkeit zu den zentralen Ausdrucksmitteln. Für seine Experimente entwickelte der Künstler ein vielfältiges Instrumentarium. Er konstruierte Sirenenscheiben, vibrierende Stahlbleche oder erzeugte mit Hilfe von Gasflammen in Stahlrohren orgelähnliche Pfeiftöne. 1984 entstand eines seiner komplexesten Instrumente. Rütimann brachte zwölf spezielle Mikrophone in frei hängenden Eisenkugeln über Kassettenrekordern an und verband sie mit diesen. Werden die Geräte eingeschaltet, erzeugen die Rückkoppelungen eine erstaunliche Vielfalt an Tönen: Die Klangpalette reicht vom leisen Klacken über morseartige Pfeiftöne bis zu sirenenähnlichen Heulen. Was im alltäglichen Gebrauch als Störgeräusch eliminiert wird, nutzt Christoph Rütimann als Ausgangspunkt für seine Suche nach bislang ungehörten Klängen. Dabei strebt der Künstler nicht nach Harmonie, sondern er sucht die Überraschung, strebt nach einer immer wieder neuen und direkten Hörerfahrung, nach einem innovativen, authentischen Klangerlebnis.

Bei Christoph Rütimann beschränkt sich die Auseinandersetzung mit Ton nicht auf das Klangereignis. Er entwickelte ausgehend von Notationen für seine Musikexperimente eine zeichnerische Ausdrucksform, in der sich die Unmittelbarkeit und Emotionalität des Ausdrucks verbindet mit einer analytischen Haltung des Notierens und Aufzeichnens. In monumentaler Form realisiert sich dieser Ausdruck in der „Grossen Zeichnung (Schweif)“, die Christoph Rütimann 1991 für eine Ausstellung im Kunstmuseum Luzern geschaffen hat. Das fast dreissig Meter lange Werk mutet an wie eine monumentale Partitur für ein gigantisches Spektakel.

In der Ausstellung „In den Tönen“ im Kunstmuseum Thurgau führt der Künstler Elemente aus drei älteren Arbeiten zu einer neuen, Raumkonstallation zusammen. Eine grosse Sirenenscheibe der Konzertperformance „In den Tönen“ von 1997, die „Grosse Zeichnung (Schweif)“ von 1991 und eine 2007 aufgezeichnete Tonaufnahme der Pendelanlage von 1984 finden zu einer neuen Einheit, in der sich die ganze Komplexität der Klangarbeit von Christoph Rütimann spiegelt. Die Sirenenscheibe dreht heute nicht mehr und steht deshalb als skulpturales Element im Raum. Sie wird zu einem Dokument, das selber nicht klingt, das aber im Rückblick auf den Einsatz im Konzert für die Vorstellung eines authentischen, totalen Klanges steht. Die Zeichnung, auch sie raumbestimmend inszeniert, verdoppelt den Anspruch auf Totalität. Verstanden als riesige Partitur, verweist sie auf ein unfassbares, unaufführbares Stück, das ein Konzert sein könnte, aber auch viel mehr. Zu einem räumlichen Ganzen zusammengefasst werden Zeichnung und Skulptur durch die Einspielung von Aufnahmen der Pendelanlage. Alle drei Elemente zusammen formen einen Klangraum im weitesten Sinn: Skulptur, Zeichnung und Ton bilden ein grosses Ganzes, einen grossen Klang, der als eindrückliche und stimmungsvolle Einheit aufgenommen werden kann. Es handelt sich allerdings um eine „Natura morta in pezzi“, eine aus Stücken zusammengesetzte Realität, eine Art räumliches Stillleben, in dem die Monumentalität der Inszenierung ständig durch die Fügung des Ganzen aus autonomen Einzelteilen relativiert wird. Diese Fragmenthaftigkeit irritiert das Pathos der grossen Gesten und erzwingt neben der ungebrochenen sinnlichen Wahrnehmung, die durchaus möglich bleibt, immer auch eine analytische Distanz. In der Ausstellung realisiert sich so ein ständiges Neben- und Miteinander von Genuss und Analyse, von Unmittelbarkeit und Reflexion, von Dekonstruktion der Konventionen und Inszenierung neuer Wahrnehmungserfahrungen.

Ergänzt wird die Rauminstallation im grossen Ausstellungskeller durch ausgewählte Zeichnungsgruppen und Videopräsentationen von Kaktuskonzerten und anderen Performances, wodurch Klang, Raum und Notation als zentrale Ausdrucksmittel von Christoph Rütimann eindrücklich erfahren werden können.

Zur Ausstellung erscheint in der Reihe „Binding Sélection d’Artistes“ die Publikation „Christoph Rütimann: Der grosse Schlaf“, herausgegeben durch die Kunstmuseen Thurgau, St. Gallen und Bonn, mit Texten von Volker Adolphs, Konrad Bitterli, Gerhard Mack und Markus Landert. Verlag Moderne Kunst Nürnberg. 256 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Verkaufspreis SFr. 68.-. Zu bestellen unter sekretariat.kunstmuseum@tg.ch.

Das Publikation wurde ermöglicht durch eine Projektkooperation der Binding Sélection d’Artistes


Sowie durch die Unterstützung folgender Institutionen:

Lotteriefonds des Kantons Thurgau
Jubiläumsstiftung der Thurgauer Kantonalbank
Heinrich Mezger-Stiftung, Weinfelden
Lotteriefonds des Kantons Luzern

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