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Marylène Negro: Willst Du mir ein Foto geben?

Herstellungsjahr: 2002

Technik: Konvolut von Fotos aus dem Publikum

Obwohl selber Fotografin arbeitete die Pariser Künstlerin Marylène Negro im Projekt “Willst Du mir ein Foto geben?” nicht mit eigenen Bildern. Sie rief auf Postkarten, in Inseraten und mit Aufrufen in Zeitschriften und Zeitungen die Bevölkerung der Ostschweiz und des süddeutschen Raums auf, sich an der Ausstellung 2002 im Kunstmuseum Thurgau zu beteiligen. Jeder konnte mitmachen. Unabhängig von irgendwelchen Einschränkungen wurden alle eingereichten Fotografien in die Installation im Museum aufgenommen. Ob Porträt aus dem Passfotoautomaten, stimmungsvolle Landschaftsaufnahme, Schnappschuss aus den Ferien oder professionelles Künstlerfoto; alles fand Aufnahme in der Präsentation. Die Aktion begann zwei Monate vor Beginn der Ausstellung und lief bis an deren Ende am 28. Juli 2002.

Marylène Negro machte keine Auflagen, welche Fotografien ins Museum gebracht werden sollten. Sie gab ganz bewusst keine Hilfestellung, welche Bilder sie von verlangte. Damit delegierte sie einen Teil der Verantwortung für die Gestaltung ihrer Präsentation an ihr Publikum. Das Publikum wurde zum Mitautor der Arbeit.
Wer immer ein Foto zur Verfügung stellte, traf eine Wahl und beantwortete für sich die Frage, warum gerade dieses Foto. Ist es das beste? Das schönste? Das wichtigste? Und warum ist es das schönste, beste, wichtigste? So spannt sich im Projekt “Willst du mir ein Foto geben?” ein breiter Fächer unterschiedlichster Qualitätsvorstellungen auf. Jede einzelne Fotografie steht für einen Entscheid, eine Wertbestimmung. Und in jeder einzelnen Fotografie spiegelt sich der Ausdruckswille eines Individuums. Die Menge der eingereichten Fotografien erzählen so von der Vielfalt der Bilder und der damit verbundenen Werte.
Während der Laufzeit des Projektes wurden die Fotografien in einem ständig sich ausdehnenden Feld an die Wand gehängt. In der Reaktivierung des Projektes für die Ausstellung „Konstellation 6“ werden die Fotografien in Absprache mit der Künstlerin mit der Bildseite nach unten in einer Vitrine präsentiert. Die einzelnen Bilder sind nicht mehr wichtig. Von Bedeutung bleibt nur noch die Aufforderung: „Willst Du mir ein Foto geben?“ und die damit verbundenen Überlegungen jedes Einzelnen. Das Werk realisiert sich im Kopf und in den Fantasien all jener, die diese Aufforderung lesen und sich zum Nachdenken verführen lassen, welches Bild sie der Künstlerin geben würde.

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