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Nicolas Faure: Innenansichten

Herstellungsjahr: 2001/2002

Technik: Farbfotografien

Masse: 80 x 100 cm

Die Fotografien von Nicolas Faure widmen sich einem wenig malerischen Motiv: der Gestaltung thurgauischer Autokreisel. Diese zeigt er noch dazu aus einer ungewohnten Perspektive: von innen. Er schenkt so einem Thema Beachtung, das nur selten bewusst wahrgenommen wird und dabei doch soviel über unsere Gesellschaft aussagt.

Bekannt geworden ist Nicolas Faure mit seiner im Jahre 2000 abgeschlossenen Dokumentation der Schweizer Autobahnen, die in Ausstellungen und in einem Buch dem Publikum zugänglich gemacht wurde. Während Jahren hat der Genfer Fotograf die Präsenz dieses größten Bauwerks der Schweiz akribisch festgehalten. Von Genf bis St.Margrethen, von Basel bis Chiasso ist er durch das Land gefahren, um sich ein Bild zu machen von jener Konstruktion, die wir alle ganz selbstverständlich nutzen und von der wir meist nur die eine Perspektive kennen: die scheinbar endlos ausgelegte Doppelspur mit links und rechts vorbeiflitzenden Landschaften. Nicolas Faure spürt in seinem „Autoland“ den Unorten nach, die beim Bau der gewaltigen Konstruktion an deren Rändern entstanden sind. Seine Fotografien zeigen das künstlich angelegte Biotop unter dem Brückenpfeiler, die betonierte Hangverbauung zum Schutz der Fahrbahn oder die durchsichtige Lärmschutzwand, die den Blick auf das Bergpanorama freigibt. Die Fotografien machen sichtbar, dass all diese unlebenswerten Orte mit Akribie gestaltet sind. Nichts ist dem Zufall überlassen. Jedes Detail ist dem Gestaltungswillen der Konstrukteure unterworfen.
In den Fotografien aus dem Thurgau beschäftigt sich Nicolas Faure mit ähnlichen Leerräumen der Landschaft: Er fotografiert die Innenräume der Straßenkreisel, die im Thurgau im Lauf der letzten zehn Jahre gleich dutzendfach angelegt worden sind. Vorgegeben durch die verkehrsbedingte Zweckmäßigkeit entsteht bei jedem Kreisel eine funktionslose Innenfläche, ein Leerraum, der zwar nicht sinnlos, aber ohne Nutzen ist: ideale Orte für einen gestalterischen Aktivismus ohne Grenzen. Nicolas Faure begibt sich in diese Leerräume hinein und fotografiert aus diesen heraus. Seine Innenansichten der thurgauischen Kreisel, präsentiert als Doppelfotografie des gleichen Ortes, sind mehr als Dokumentationen gestalteter Räume. Es sind Innenansichten einer Gesellschaft, deren bedeutendste Bauaufgabe die Straßen sind.

Aus: Barbara Stark / Christoph Bauer / Markus Landert, Blick und Bild. Fotografie am Bodensee von 1920 bis heute, Heidelberg 2002, Seite 148.

Biografie