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Messmer, Dorothee

Hans Krüsi. Der Berg im Depot

Einblick in Krüsis Nachlass

Kruesidreikuehe
Hans Krüsi: Drei Kühe © Kunstmuseum des Kantons Thurgau
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Hans Krüsi: Serviette © Kunstmuseum des Kantons Thurgau
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Hans Krüsi: Mann mit Vogel in der Hand © Kunstmuseum Thurgau

Text: Publikation "Hans Krüsi: Auch ein Nichts kann etwas werden", bestellbar im Museumsshop

Krüsis Nachlass setzt sich zusammen aus mehreren tausend bildnerischen Werken, aus Textmaterialien, dreidimensionalen Objekten, mehreren Kisten voller Tonbänder und Audiokassetten sowie aus einer grossen Anzahl von Fotografien und biografischen Materialien.
Die bildnerische Arbeiten bilden mit schätzungsweise über 4000 Werken, von denen bisher rund 500 inventarisiert worden sind, den mit Abstand umfangreichsten Teil des Nachlasses. Darin enthalten sind gross- und kleinformatige Gemälden, mehreren Skizzenbücher, unzähligen Postkarten, bearbeitete Papierservietten, bemalten Papierstreifen und etliche Arbeiten auf Holz, Plastikfolie, Haushaltspapier, Wurstkarton, Tischsets und weiteren recyclierten Materialien. Werbeschriften für das eigene Atelier finden sich ebenso wie überarbeitete Werke anderer Künstler. Eine beachtliche Anzahl von dreidimensionalen Werken, bemalte oder selbstgeschaffene Hüte und Einkaufswagen, mehrere Kuhmaschinen, selbstgebastelte Wohngebilde und bemalte Flaschen schliessen den bildnerischen Teil des Nachlasses ab.
Bekannt geworden ist Hans Krüsi als Stadtoriginal und Bildermacher. Dass er sich auch exzessiv als Ton- und Bilderjäger betätigte, ist dagegen kaum ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In Krüsis Nachlass finden sich unzählige Fotografien, Negative und Polaroidbilder aus der Hand des Künstlers. Er besass mehrere Apparate, die er eigenwillig und ohne technischen Sachverstand handhabte. Die Fotografien sind Schnappschüsse und Aufnahmen aus Krüsis nächster Umgebung, von Reisen ins Tessin, von Bahnfahrten ins Appenzell, von der Strasse, in der er wohnte, oder von Werken anderer Künstler, die ihn interessierten: Bernhard Luginbühl, Jean Tinguely, Dieter Roth. Dazwischen immer wieder Aufnahmen seiner Wohnungen, seiner Bilder und von sich selbst. Viele seiner Aufnahmen sind über- oder unterbelichtet, verwackelt, verzogen oder angeschnitten. Gerade diese fehlerhaften Abbildungen interessierten den Künstler besonders: Er bearbeitete sie weiter, übermalte, collagierte, ritzte ein oder schnitt sie aus. Im Nachlass fanden sich auch hunderte von bespielten Tonbändern und Kassetten. Hans Krüsi sammelte ganz offensichtlich ebenso Klänge und Töne wie Kartonresten, Fotografien und Motive für seine Bilder. Er interessierte sich dabei für vielfältige Klangbereiche: Vogelstimmen faszinierten ihn ebenso wie Verkehrsmeldungen im Radio oder das Festhalten von persönlichen Gesprächen. Das Aufnehmen allein genügte Hans Krüsi aber nicht. Immer wieder hat er unter Verwendung von mehreren Tonbandgeräten eigene Klangwelten kreiert. Durch Übereinanderkopieren und Aneinanderfügen verschiedenster Tonstücke entstanden faszinierende Hörwelten: eine Art Do it yourself -Radio. Auch mit dem Mitteln von Text und Sprache kreierte Krüsi neue Gedanken-Welten oder formulierte bereits Vorhandenes zu neuen Sprachgebilden um. Im Nachlass finden sich neben sinnigen Wortspielen auch längere Gedichte und Tagebücher.

Das bildnerisches Schaffen Krüsis ist also lediglich Teil einer umfassenden kreativen Betätigung, die Audioaufnahmen und fotografische Tätigkeit ebenso mit einschliesst wie den geschriebenen Text und das gesprochene Wort.In ihnen spiegeln sich Krüsis eigenwillige Versuche, sein eigenes Weltbild zu gestalten. Dabei bediente er sich der verschiedenen Mittel in modernster Art und Weise: Er collagierte, recyclierte, sampelte und verwendete, was die Technik an Möglichkeiten bot, nach seinem Gusto. Wichtigste Konstanten im Schaffen Krüsis waren die Stategien des Kopierens, die Wiederwerwertung und die Prozesshaftigkeit. Den Kopierautomat, den Fotoapparat oder das Aufnahmegerät bezog Krüsi in einem interaktiven Spiel in sein Schaffen mit ein. Als 'Spielgenossen' erweiterten, veränderten und gestalteten sie an der Abbildung seiner Umwelt mit und halfen ihm, sich ein Bild - von der Welt und von sich selbst - zu machen. Bild und Abbild machten es dem Menschen und Künstler möglich, seine Wahrnehmungen zu visualisieren und sich ihrer, wenn nötig, zu versichern.

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